Malpensa Flughafen. Flug verspätet. Das Abenteuer Karpathos muss noch kurz warten.
Die Vision jedoch stand schon lange: ein Vertical Trail – eine Mischung aus Klettern und Trekking, rau, ursprünglich, voll von Kontrasten. Drei Tage Fels, drei Tage Fuß. Etwas, das es so noch nicht gab. Doch wo ließe sich dieses Konzept verwirklichen? Ein befreundeter Bergführer, der weltweit unterwegs ist, gab mir schließlich den entscheidenden Hinweis. Er drückte mir eine Karte in die Hand und meinte: „Schau dir das mal an.“ So fiel die Wahl auf Karpathos – eine griechische Insel zwischen Kreta und Rhodos, von der man erstaunlich wenig hört, fernab der üblichen Routen. 

Die Suche nach einer Wildnis zwischen Meer und Fels
Bevor ich überhaupt einen Fuß auf die Insel setzte, lagen über ein Jahr Vorbereitung hinter uns: Karten studieren, Satellitenbilder analysieren, Flugverbindungen checken, Erfahrungsberichte sammeln. Parallel dazu: Kontakte knüpfen. Der befreundete Bergführerkollege, der bereits mehrfach auf Karpathos unterwegs war, half ebenso wie unzählige Stunden Online-Recherche, Google Maps, alte Landkarten und eine respektable Menge an YouTube-Videos. Als ich Ende Oktober erstmals gemeinsam mit Familie und Freunden auf Karpathos ankam, war die Begeisterung sofort da. Danach folgten Tage allein im Gelände – mit Bohrmaschine, Seilen und einer großen Portion Entdeckerlust. Gespräche mit Einheimischen und Jägern öffneten weitere Türen; ihre Hinweise führten mich zu verborgenen Pfaden, unmarkierten Graten und alten Verbindungen, die nur noch wenige kannten.

Klettern mit Meeresrauschen
Unsere ersten Erkundungen führten uns in den Süden der Insel – ein Paradies für Kletterer. Fels direkt über dem Meer, Sonne, Wind, Salz in der Luft und Routen in allen Schwierigkeitsgraden. Hier richtete ich Abseilstellen ein, legte Sanduhrschlingen und sicherte neue Linien. Mein Ziel war klar: kein künstlicher Kletterpark, sondern ein nachhaltiges, authentisches Abenteuer, das mit der Insel im Einklang steht.

Diafani – das Fenster zur Seele Karpathos’
Im abgelegenen Norden, im kleinen Hafenort Diafani, lernte ich schließlich Minas kennen, unseren wichtigsten lokalen Kontaktmann. Bis dahin hatten wir nur telefoniert. Sein Lächeln war breit, sein erster Satz unvergesslich:
Wer nie auf Karpathos war, lässt ein Fenster in seinem Leben verschlossen.
Und tatsächlich: Sobald dieses Fenster aufgeht, strömt eine Welt hinein, die nach Meersalz, wilder Freiheit und alten Geschichten duftet. Türkisblaues Wasser, zerklüftete Berge, gastfreundliche Menschen, frisches Essen, steinige Pfade – eine Insel, die sich langsam, aber tief in die Seele gräbt.

Warum Vertical?
In den letzten Jahren fragten mich immer mehr Gäste, ob es nicht möglich wäre, mehr Kletterpassagen in unsere Wild Trails zu integrieren. So entstand die Idee, Bergsteigen, Klettern und Trekking noch enger zu verweben. Das Ergebnis ist eine Woche voller Kontraste, Intensität und Naturerlebnis – ein Abenteuer, das Berg- und Meerliebhaber gleichermaßen bewegt.

Der Wild Trail Karpathos – Mehr als nur eine Route
Der Wild Trail Karpathos ist keine touristische Standardtour. Er ist eine Entdeckungsreise durch Zeit, Landschaft und Gefühl. Wir folgen alten Hirtenwegen, bewegen uns entlang wilder Felskanten, durchqueren verlassene Dörfer und tauchen ein in ein Inseluniversum, das zwischen Vergangenheit und Freiheit schwebt.

Karpathos hat mich überrascht. Und ich bin sicher – es wird auch euch so gehen.
Euer
Martin Plankensteiner