Obwohl in den Bergen aufgewachsen, habe ich das Klettern nie so richtig angefangen. Lange Wanderungen ja, verrückte Radtouren ins Blaue, das schon, aber Klettern?
Ich melde mich zu einem Kurs mit Bergführer Hannes und treffe mich mit ihm um 8.00 Uhr beim Büro. Neidische Blicke von Martin, er wird heute das Büro alleine schmeißen.
Außer mir finden sich noch weitere Gäste ein: Raffaele, Sohn eines wohlhabenden Italieners, der von seinen Eltern abgeladen wird, Tatjana und Michael, ein Pärchen, Tom ein schlaksiger Web-Profi und Peter, nicht besonders sportlich, aber motiviert.

Hannes packt uns samt Ausrüstung in seinen Kleinbus und bald finden wir uns im Klettergarten wieder.
Peter ist bereits nach dem kurzen Zustieg geschafft, die lange Anfahrt, der stressige Tag von gestern, die wenigen Höhenmeter haben ihn erschöpft. Erst einmal rasten, Wasser trinken, durchatmen, geht wieder. Stoisch gelassen beginnt Hannes, allen Teilnehmern die Ausrüstung zu erklären, 1. Lektion -Gurt richtig anlegen, zweite Lektion - Achterknoten binden, dann erste Versuche am Felsen.

Tatjana braucht eine Zigarette zur Beruhigung. Sie macht das nur ihrem Schatz zuliebe, erklärt sie uns ununterbrochen. Ihr Helm passt farblich zu den Kletterschuhen, der pinke Gurt zur Farbe ihrer Fingernägel. Letztes Jahr sei sie zum Segeln mitgekommen, weil ihr Schatzi das so wollte, alle schmunzeln. Ihre Knie schlottern, als sie den Klettergurt anzieht.
Das ist nicht gespielt, Hannes versteht sofort, dass er hier viel Geduld an den Tag legen muss. Es gelingt ihm, Tatjana einige Meter bis über den Boden zu bringen.
Ich staune, dabei weiß ich noch nicht, dass sie es sogar zum Vorstieg schaffen wird. Raffaele möchte auch drankommen, etwas langweilig ist ihm. Außer mir und Hannes versteht niemand sein Italienisch, dabei spricht er noch Englisch, Französisch, Arabisch, erzählt er. Sohn aus gutem Hause eben. Er bietet uns etwas Käse an, mit Honig natürlich. Wieder was Neues gelernt, es schmeckt. Als er an der Reihe ist, beneiden ihn alle um seine Geschicklichkeit. Hannes lässt ihn eine schwierigere Route klettern. Tom ist auch geschickt, nur seine Verbissenheit ist ihm im Wege. Auch hier findet Hannes den richtigen Zugang. Tom wird lockerer und kann über sich selbst lachen und sich freuen, dass er es sich leisten kann, für ein Wochenende in die Berge zum Klettern zu fahren. Natürlich setzt Hannes voraus, dass ich mich auch halbwegs gut anstelle, ich bemühe mich und verdiene ein Lob.
Wir klettern, machen eine kurze Essenspause, Tatjana darf immer wieder eine Zigarette rauchen,
Hannes blickt nach oben, die Wolken werden dichter, das Gewitter ist noch weit weg. Wir haben noch Zeit. Hannes ist also nicht nur Chauffeur, Bergführer, Psychologe, sondern auch noch Meteorologe. Wir verlassen uns auf ihn. Seine Erfahrung und seine Ruhe übertragen sich positiv auf die Gruppe. Am Abend sind alle zufrieden, sogar zum Vorsteigen hat Hannes alle gebracht. Wir sind stolz auf uns und auf ihn.
Schön war’s!


von Ariane Lazzeri
GLOBO ALPIN Büromitarbeiterin seit 2008